IV. Kauf eines Kraftfahrzeuges

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1. Kann ich vom Kaufvertrag auch bei kleinen Mängeln am Fahrzeug zurücktreten?

Nicht jeder Mangel berechtigt den Käufer, den Kaufvertrag rückabzuwickeln. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist, § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB. Ein Rücktrittsrecht steht dem Käufer nicht zu, wenn die Mängelbeseitigungskosten lediglich 1 % des Kaufpreises betragen (BGH, Urt. v. 29. 06. 2011, Az.: VIII ZR 202/10).

2. Muss ich im Kaufvertrag angeben, ob das Fahrzeug unfallfrei ist oder nicht?

Wenn der Verkäufer bei Abschluss des Kaufvertrages angibt, das Fahrzeug sei unfallfrei, liegt eine Beschaffenheitsvereinbarung vor. Weder ein ausdrücklicher noch stillschweigend vereinbarter Gewährleistungsausschluss kann zur Unverbindlichkeit einer solchen Beschaffenheitsvereinbarung führen (vgl. BGH, Urt. v. 19.12. 2012, Az.: VIII ZR 117/12), so dass ein Mangel vorliegt, welcher Gewährleistungsansprüche des Käufers begründet, wenn das Fahrzeug tatsächlich nicht unfallfrei war.

3. Kann ich vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn das Fahrzeug an einer Vielzahl kleinerer, immer wieder neuer Mängel leidet?

Ob ein Neufahrzeug im Hinblick auf die Art, das Ausmaß und die Bedeutung der aufgetretenen Mängel als „Montagsauto” anzusehen ist, beurteilt sich danach, ob der bisherige Geschehensablauf aus Sicht eines verständigen Käufers die Befürchtung rechtfertigt, es handele sich um ein Fahrzeug, das wegen seiner auf herstellungsbedingten Qualitätsmängeln beruhenden Fehleranfälligkeit insgesamt mangelhaft ist und auch zukünftig nicht frei von Mängeln sein wird (BGH, Urt. v. 23.01.2013, Az.: VIII ZR 140/12). Ob ein Fahrzeug als Montagsauto bezeichnet werden kann, ist entscheidend dafür, ob der Käufer erneut zunächst Nacherfüllung verlangen muss oder vom Kaufvertrag zurücktreten kann, da ein weiteres Nacherfüllungsverlangen unzumutbar wäre.

4. Was versteht man unter Jahreswagen und fabrikneu?

Wird ein Jahreswagen veräußert, liegt ein Mangel der Kaufsache vor, wenn das Fahrzeug älter ist als 12 Monate nach der Erstzulassung (BGH, Urt. v. 07.06.2006, Az.:VIII ZR 180/05). Die Bezeichnung als Fabrikneu ist dann nicht zu beanstanden, wenn das Fahrzeug, lediglich auf den Händler zugelassen war (BGH, Urt. v. 12.01.2005, Az. VIII ZR 109/04). Das Fahrzeugmodell muss im Zeitpunkt des Verkaufs aber noch unverändert hergestellt werden (BGH, Urt. v. 22.03.2000, Az.: VIII ZR 325/98).

5. Kann der Käufer Ersatz des Nutzungsausfallschadens begehren, wenn er vom Kaufvertrag zurücktritt?

Soweit der Käufer berechtigt war, vom Kaufvertrag zurückzutreten, muss er das mangelhafte Kraftfahrzeug an den Verkäufer herausgeben. Er ist aber auch berechtigt Ersatz des mangelbedingten Nutzungsausfallschadens zu verlangen ( BGH, Urt. v. 14.04.2010, Az.: VIII ZR 145/09).

6. Muss der Käufer Schadensersatz leisten, wenn er nach Abschluss des Kaufvertrages das Fahrzeug doch nicht erwerben will?

Verkäufer regeln häufig in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass der Käufer bei nicht Abnahme des Fahrzeuges einen pauschalen Schadensersatzbetrag zu leisten hat. Einen pauschalen Schadensersatz in Höhe von 10 % des Kaufpreises wurde vom Bundesgerichtshof nicht beanstandet, wenn in der Klausel angeführt wird, dass der Schadensersatz höher oder niedriger anzusetzen ist, wenn der Verkäufer einen höheren oder der Käufer einen niedrigeren Schaden nachweisen kann (BGH, Urt. v. 14.04.2010, Az.: VIII ZR 123/09).

7. Kann ein Unternehmer beim Verkauf eines Gebrauchtwagens an einen Verbraucher sämtliche Gewährleistungsansprüche ausschließen, wenn er nicht gewerblicher Verkäufer ist?

Zwischen Privatpersonen können Gewährleistungsrechte im Kaufvertrag ausgeschlossen werden. Im Gegensatz hierzu kann ein Unternehmer beim Gebrauchtwagenverkauf an eine Privatperson lediglich die Gewährleistung auf 1 Jahr beschränken. Selbst wenn es sich um branchenfremde Nebengeschäfte einer GmbH handelt, finden im Zweifel aber die Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufs Anwendung (BGH, Urt. v. 09. 12. 2008. Az.: XI ZR 513/07). In diesem Urteil hat der Bundesgerichtshof aber auch entschieden, dass vor einem Rücktritt vom Kaufvertrag eine Fristsetzung zur Nacherfüllung selbst dann erforderlich ist, wenn der Gewährleistungsausschluss unwirksam war.

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