III. Unfallabwicklung

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1. Kann mich die gegnerische Versicherung auf eine kostengünstigere Werkstatt verweisen?

Auch wenn der Schaden fiktiv abgerechnet wird, sind grundsätzlich die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde zu legen (BGH, Urt. v. 20.10.2009, Az.: VI ZR 53/09). Bei älteren Fahrzeugen kann es für den Geschädigten unzumutbar sein, sich auf eine alternative Reparaturmöglichkeit verweisen zu lassen, wenn das Fahrzeug regelmäßig in einer markengebundenen Fachwerkstatt gewartet und repariert wurde (BGH, Urt. v. 20.10.2009, Az.: VI ZR 53/09).

2. Muss der Unfallgegner die Kosten eines Sachverständigengutachtens erstatten?

Grundsätzlich hat der Schädiger auch die Kosten eines Gutachtens zur Ermittlung der Reparaturkosten zu ersetzen (BGH, Urt. v. 23. 01 2007 , Az.: VI ZR 67/06). Bei Schäden unter 725 EUR sind Gutachten aber meistens nicht erforderlich, so dass ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vorliegen kann. Bei einem Sachschaden von über 725 EUR ist hiervon nicht auszugehen (vgl. BGH, Urt. v. 30. 11. 2004, Az.: VI ZR 365/03). Zu hohe Gutachtenkosten gehen ebenfalls grundsätzlich nicht zu Lasten des Geschädigten, es sei denn, der Geschädigte musste die unangemessene Vergütung erkennen (BGH, Urt. v. 23. 01 2007 , Az.: VI ZR 67/06). Vorsicht ist aber in den Fällen geboten, in denen eine Mithaftung in Betracht kommt. Im Falle einer nur quotenmäßigen Haftung des Schädigers hat dieser dem Geschädigten dessen Sachverständigenkosten nur im Umfang der Haftungsquote zu erstatten (BGH, Urt. v. 07.02.2012, Az.: VI ZR 249/11). Im Einzelfall und abhängig von der Höhe der Reparaturkosten sollte daher abgewogen werden, ob nicht zunächst statt einem Sachverständigengutachten ein Kostenvoranschlag der Werkstatt mit Schadensbildern bei der gegnerischen Versicherung eingereicht wird.

3. Wer muss die Rechtsanwaltskosten tragen?

Grundsätzlich hat der Schädiger für alle durch das Schadensereignis verursachten Schäden einzustehen. Hierzu zählen auch die Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Geltendmachung der Schadensersatzansprüche. Nur in ganz einfach gelagerten Fällen, bei denen aus der Sicht des Geschädigten kein vernünftiger Zweifel daran bestehen kann, dass der Schädiger ohne weiteres seiner Pflicht nachkommt, könnte die Einschaltung eines Rechtsanwaltes nicht erforderlich gewesen sein (BGH, Urt. v. 08.11.1994, Az.: VI ZR 3/94).

4. Ist die gegnerische Versicherung bei einem vom Geschädigten unverschuldeten Unfall verpflichtet, sämtliche Mietwagenkosten zu erstatten?

Während der Reparatur- bzw. Wiederbeschaffungszeit hat der Geschädigte auch einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung bzw. Erstattung der Mietwagenkosten. Häufig streiten sich die Unfallbeteiligten, bzw. die Versicherung des Unfallgegner und der Geschädigte darüber, ob alle Mietwagenkosten zu erstatten sind. Der Geschädigte hat eine Schadensminderungspflicht. Auf diese beruft sich der Schädiger meist, wenn Fahrzeuge zum sogenannten Unfallersatztarif angemietet wurden. Ein Gericht muss dann die tatsächlich erforderlichen Mietwagenkosten schätzen. Hierbei kann sich der Richter auf die Schwacke-Liste als auch auf den Fraunhofer-Mietpreisspiegel stützen und von diesen durch Ab-und Zuschläge abweichen (BGH, Urt. v. 12.04.2011, Az.: VI ZR 300/09). Bevor Sie ein Ersatzfahrzeug anmieten sollten Sie sich daher genau über die Höhe der Mietwagenkosten informieren und sich gegebenenfalls bei einem Rechtsanwalt erkundigen.

5. Wer ersetzt die nach dem Unfall entstandenen Kosten für Telefonate und Schreiben?

Nach einem Verkehrsunfall entstehen meist Aufwendungen für notwendige Telefonate und Schreiben. Diese Aufwendungen können konkret abgerechnet oder eine Kostenpauschale von 25,00 EUR (vgl. OLG München, Urteil vom 27.01.2006 , Az.: 10 U 4904/05) begehrt werden.

6. Was ist eine merkantile Minderung?

Bei dem merkantilen Minderwert handelt es sich um eine Minderung des Verkaufswerts, die trotz völliger und ordnungsgemäßer Instandsetzung eines bei einem Unfall erheblich beschädigten Kraftfahrzeuges allein deshalb verbleibt, weil bei einem großen Teil des Publikums, vor allem wegen des Verdachts verborgen gebliebener Schäden, eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb unfallbeschädigter Kraftfahrzeuge besteht. Diese Wertdifferenz stellt einen unmittelbaren Sachschaden dar (BGH, Urt. v. 23.11.2004, Az.: VI ZR 357/03). Diese Schadensposition kann geltend gemacht werden unabhängig davon, ob der Geschädigte das Fahrzeug weiter benutzt (BGH, Urt. v. 23. 11.2004, Az.:VI ZR 357/03).

7. Muss ich ein Restwertangebot der gegnerischen Versicherung annehmen?

Wenn es sich um einen Totalschaden handelt, kann der Geschädigte die Kosten für die Wiederbeschaffung eines gleichwertigen Fahrzeuges (Wiederbeschaffungswert) verlangen. Er muss sich aber den Restwert seines beschädigten Fahrzeuges anrechnen lassen. Hinsichtlich der Höhe des Restwertes kann er sich grundsätzlich auf die Angaben in dem von ihm beauftragten Sachverständigengutachter berufen. Da der Geschädigte aber zur Geringhaltung des Schadens verpflichtet ist, ist er unter Umständen, soweit das beschädigte Fahrzeug noch nicht veräußert wurde, verpflichtet, andere ihm bekannte Verwertungsmöglichkeiten zu ergreifen (BGH Urt. v. 01.06.2010, Az.: VI ZR 316/09), wenn hierdurch ein höherer Restwert erzielt werden könnte.

8. Wirkt sich das Bestreiten wider besseren Wissens auf die Höhe des Schmerzensgeldes aus?

Auch vor Gericht ist der Unfallgegner verpflichtet, wahrheitsgemäße Angaben zu tätigen. Wenn der Gegner, obwohl er es besser weiss, die Schadensursache bestreitet, kann dies ein erhöhtes Schmerzensgeld rechtfertigen (vgl. OLG Schleswig, Urt. v. 05.09.2012, Az.: 7 U 15/12).

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